Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
CME Fortbildungen

Einzelne Patienten und Patientinnen können den Praxisbetrieb enorm aufhalten. Die Bandbreite der Phänomene ist groß: vom Plappern ohne Punkt und Komma bis hin zu aggressiven Pöbeleien. Wenn Menschen überproportional Zeit und Energie binden, bezeichnen wir sie oft als schwierig. Das allein kann allerdings zu einer Defizitorientierung führen – und dazu, dass nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Für die Diagnose und Behandlung ist es nützlich, die jeweilige Patientenperspektive und damit einhergehende Bedürfnisse zu verstehen. Typologien können dabei als Hilfsmittel dienen, um schnell passende Kommunikationsstrategien zu finden.

Ein einfaches Beispiel ist „der Nörgler“. Neben dem Ausdruck einer allgemeinen Lebensunzufriedenheit kann seine Dauerkritik als emotionales Ventil für die Angst dienen, die er empfindet. In milden Fällen hilft oft die Antwort: „Danke für den Hinweis. Wir werden das in der nächsten Teamsitzung aufgreifen.“ Der Patient erlebt so Selbstwirksamkeit. Das kann beruhigen und Zuversicht schenken (härtere Fälle siehe unter “Aggressive Konflikte deeskalieren”).

Aussagen vollständig erfassen

Ein weiteres, wiederkehrendes Thema ist ein Weltbild, das schwer nachvollziehbar erscheint, vielleicht esoterisch, vielleicht gesellschaftlich ablehnend. Auch und gerade mit diesen Patientinnen und Patienten ist es notwendig, in den bewussten Kontakt zu gehen und Anknüpfungspunkte zu suchen. Denn ein Erleben von Ablehnung oder gar Herabsetzung könnte dazu führen, dass diese Menschen irgendwann aus der Versorgung fallen. Ängsten sollte wertschätzend begegnet werden, selbst wenn sie ungeschickt ausgedrückt werden oder nur unterschwellig durchklingen. Das „Vier-Ohren-Modell“ des Psychologen Friedemann Schulz von Thun hilft, versteckten Teilen von Patientenaussagen auf die Spur zu kommen. Dem Modell zufolge wird in jeder Botschaft auf vier Ebenen kommuniziert: auf der Sachebene, auf der Beziehungsebene (für die das persönliche und allgemeine Vertrauen in die Medizin und in Autoritäten eine Rolle spielt); zudem auf der Ebene der Selbstkundgabe („Meine Tante hatte Probleme bei der Behandlung und deshalb habe ich Angst“) sowie auf der Appellebene („Nehmen Sie mir meine Angst oder zeigen Sie mir eine weitere Option“). Offen verbalisiert wird meist nur eine Ebene der Botschaft. Den Rest verraten vor allem Stimme und Körpersprache. Thematisieren Sie bei Bedarf, was Sie wahrnehmen: „Sie wirken besorgt, was beschäftigt Sie?“ Ängste können am besten ausgeräumt werden, wenn bekannt ist, wo diese wurzeln.

Umgang mit Emotionen

Bei sogenannten schwierigen Patienten und Patientinnen spielen Emotionen eine größere Rolle als üblich. Emotionen können Antriebskräfte sein – oder auch mächtige Handlungshemmer. Das sogenannte NURSE-Modell (Back et al. 2007) beinhaltet fünf Techniken, um professionell mit Emotionen umzugehen:

  • Naming: Emotionen benennen
  • Understanding: Sofern möglich, Verständnis für die Emotion ausdrücken
  • Respecting: Respekt oder Anerkennung für die Person ausdrücken
  • Supporting: Unterstützung anbieten
  • Exploring: Ist da noch etwas anderes im Busch?

Dieses Repertoire an Reaktionen muss nicht nacheinander durchlaufen werden. NURSE bietet einen kommunikativen Werkzeugkasten, auf den Sie nach Bedarf zugreifen. Authentizität ist dabei wichtig. Wenn es nicht möglich ist, Verständnis für eine Aussage aufzubringen, kann eine andere hilfreiche Reaktion sein: „Ich sehe, dass es Ihnen nicht gut damit geht.“ Menschen, die sich gesehen fühlen, sind eher bereit, sich zu öffnen – für den Prozess der Diagnose und für die Behandlung. Darüber hinaus können verschiedene, an die einzelnen schwierigen Verhaltensmuster angepasste Strategien ebenfalls die Interaktion eher gelingen lassen.

Herausfordernde Patiententypen:

1. Die Dauerredner

Sie vereinnahmen ihr Gegenüber und befriedigen so ihr Bedürfnis nach Aufmerksamkeit. Sind die eigenen, weitschweifigen Geschichten erschöpft, folgen womöglich noch Anekdoten von Bekannten.

Gefahr: Ungebremst gefährden sie die Praxisorganisation, ihre Aussagen sind wenig zielführend. Durch ein gedankliches Abdriften könnten wichtige Aussagen verpasst werden.

Strategie: Lenken durch konkretes Nachfragen: „Wie geht es Ihnen denn jetzt mit dem neuen Medikament? Hatten Sie gestern nach dem Abendessen Sodbrennen?“ Hilfreich sind der direkte Blickkontakt und eine namentliche Ansprache: „Frau Müller, helfen Sie mir kurz: Wann genau haben Sie die Schmerzen?“ Bei Bedarf leicht am Arm berühren.

2. Die Über­dramatischen

Vom charmanten Auftreten zum plötzlichen, selbstmitleidigen Drama: Das Wechselbad und die Intensität der Gefühle dieser Personen stehen nicht in Relation zum medizinischen Kontext.

Gefahr: Wird zu viel Fokus auf das exzessive emotionale Erleben gelegt, erschwert das die sachliche Kommunikation.

Strategie: Dem Bedürfnis entgegenkommen: Signalisieren Sie kurz, dass Ihr Gegenüber Ihnen wichtig ist. Zurückweisung könnte das Drama eher noch befeuern. Da die Affekte bei diesem Typus meist oberflächlicher Natur sind, lassen sich Betroffene in der Regel schnell beruhigen.

3. Die Ängstlichen

Manche Menschen fürchten Diagnosen und darauffolgende Behandlungen so sehr, dass sie nichts davon wissen wollen. Sie fühlen sich hilflos. Allein schon der Bruch mit der Routine sorgt für Unbehagen.

Gefahr: Verdrängungstendenzen können dazu führen, dass die Person nicht richtig zuhört. Folgen des (Nicht-)Handelns werden nicht adäquat eingeschätzt.

Strategie: Bevor das Sachohr dieser Menschen auf Empfang schalten kann, müssen ihre emotionalen Hürden bewältigt werden. Erklären Sie behutsam, dass Sie helfen werden. Schildern Sie positive Erfahrungen. Werden Sie zum Fels in der Brandung. Fixieren Sie wichtige Gesprächsinhalte schriftlich und validieren Sie das Bedürfnis, sich mit der Familie zu beraten. Treffen Sie dabei allerdings klare Abmachungen. Was hier nicht hilft, ist die Aussage: „Sie brauchen keine Angst zu haben.“ Das wirkt auf diesen Persönlichkeitstyp ähnlich wie der Satz „Denken Sie nicht an einen rosa Elefanten“ – bei dem man sofort an einen rosa Elefanten denkt.

4. Die Esoterischen

Menschen in der New-Age-Bewegung orientieren sich primär an Glaubenssystemen, die oft tröstlich einfache Erklärungs- und Bewältigungsmuster auch bei komplexen Sachverhalten anbieten. Eine Sehnsucht nach Kontrolle kann quasi-magisches Denken begünstigen. So gehen einige beispielsweise davon aus, dass der Geist grundsätzlich über der Materie steht und dass dort der einzige Schlüssel zum Behandlungserfolg liegt. Ereignisse werden unter Umständen durchgängig als bedeutungstragend interpretiert, etwa als persönliche „Zeichen“ des Universums.

Gefahr: Beide Seiten nehmen sich gegenseitig nicht ernst. Dieser Patiententypus fühlt sich vielleicht überlegen, weil auf einer neuen „Bewusstseinsebene erwacht“. Konventionelle Argumente driften vorbei.

Strategie: Finden Sie gemeinsamen Boden. Ein mögliches Argument könnte sein, dass eine Verkörperung in der „3-D-Realität“ bedeutet, dass die Seele den Gesetzmäßigkeiten hier zugestimmt hat. Auch das „Gesetz der Anziehung“ kann helfen: Energie folgt Aufmerksamkeit. Je mehr Aufmerksamkeit jemand auf die Heilung setzt, desto eher kann sich diese einstellen.

Akzeptanz schafft Vertrauen

Gelungene Kommunikation beginnt damit, Menschen dort abzuholen, wo sie sich mental und emotional befinden.

  • Besondere Verhaltensmuster mögen oft lästig erscheinen. Sie sind aber letztlich auch als Bewältigungsversuche der eigenen Verletzlichkeit zu sehen.
  • Anliegen und Sorgen von Menschen klar zu erfassen, bildet die Basis für gelungene Patientengespräche.

Wenn sich Ratsuchende als Individuum wahrgenommen und akzeptiert fühlen, sind sie meist offener für Vorschläge. Es gibt freilich noch die extrem schwierigen Typen. Wie Sie mit Provokation und Aggression umgehen, wann und wie Sie sich schützen, wird im zweiten Teil diskutiert.

Rein persönlichkeits- oder auch situativ bedingt?
So unterschiedlich schwierige Patienten und Patientinnen auch sind, sie haben alle etwas gemeinsam: Sie können in ihrem Gegenüber Stressreaktionen auslösen. Nicht immer liegt das allein an dieser Person. „Es gibt Patienten, die von — fast — allen Ärzten als ,schwierig‘ eingestuft werden, aber auch nicht wenige Patienten, die von manchen Ärzten als ,schwierig‘, von anderen aber als neutral oder sogar angenehm erlebt werden“, erklärt Prof. Johann Kinzl, ehemaliger Direktor der Univ.-Klinik für Psychosomatische Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck, in einem Online-Beitrag bei universimed.com. Das lädt zur Reflexion ein:

  • Gibt es ein bestimmtes Verhalten, das mich besonders schnell auf die Palme bringt? Warum ist das so?
  • Wirkt sich meine Tagesform auf meine Wahrnehmung aus?
  • Sende ich Signale, die negativ aufgefasst werden könnten?

Bei Müdigkeit und Stress kann es beispielsweise sein, dass wir sehr kurz angebunden wirken. Bestimmte Persönlichkeitstypen könnten dann meinen, sich besonders um Aufmerksamkeit bemühen zu müssen. Ein unbedachter Kommentar („So jemand sind Sie also“) kann dazu führen, dass sich eine Person herabgewürdigt fühlt und deshalb künftig Praxisbesuche einschränkt oder meidet.

Aggressive Konflikte deeskalieren

Streitlustige Menschen wittern regelmäßig Angriffe, wo de facto Hilfe angeboten wird. Verschiedene Vorgehensweisen können helfen, diese Leute, sich selbst und das Praxisteam zu schützen.

Die größeren Herausforderer unter den Patientinnen und Patienten eint, dass diese Negatives von Ihnen erwarten. Sie sind in Alarmbereitschaft, selbst bei Routineterminen. Die Ursachen einer gestörten Arzt-Patienten-Kommunikation liegen hier vorrangig in der Vergangenheit: in dem, was diese Menschen erlebt und wie sie es verarbeitet haben.

Extrem misstrauische Patienten haben häufig wiederholt herbe Enttäuschungen oder Verletzungen erfahren. Das muss nicht unbedingt im medizinischen Kontext stattgefunden haben. Oft liegt ein verallgemeinerter Argwohn gegenüber Autoritäten vor. Dementsprechend kann es eine angespannte Situation verschärfen, die eigene Autorität nun stark zu betonen. Beruhigend wirkt dagegen eine intensive Einbindung in den diagnostischen und therapeutischen Prozess.

Strategien zur Vorbeugung

Die Angst vor Wiederholung einer unangenehmen Erfahrung belastet also die aktuelle Interaktion. Zeigen Sie sich bei Kontaktaufnahme zugänglich: mit einer entspannt aufmerksamen und freundlichen Körperhaltung und Mimik. Bestenfalls werden diese beibehalten, selbst wenn der Patient bereits beim Eintreten grimmig dreinschaut. Ärztliche Kunst besteht da­rin, nicht nur die Krankheit, sondern auch den Kranken optimal zu behandeln (Kinzl 2017). Das bedeutet, auch hier möglichst eine Lösung für das medizinisch Notwendige und für die Interessen des Patienten zu finden – im Rahmen des Zumutbaren.

Da die folgenden Patiententypen anderen Menschen misstrauen, wenden sie oft viel Zeit darauf auf, sich selbst zu informieren; (vermeintlich) die Kontrolle zu behalten, ist Teil der „Überlebensstrategie“. Das hohe Informationsbedürfnis an sich sollte deshalb nicht entwertet werden, das würde ohnehin den Prinzipien der partizipativen Entscheidungsfindung widersprechen. Validieren Sie vielmehr das Engagement und die Eigenverantwortung. Greifen Sie Punkte auf, die zwar grundsätzlich korrekte Informationen beinhalten, die jedoch noch einer Einordnung bedürfen. Suchen Sie nach Anknüpfungspunkten und führen Sie diese weiter, wenn möglich.

Die Grenzen des Möglichen werden wesentlich durch den Grad des Misstrauens gesetzt. Im Extrem führt ein verallgemeinertes Misstrauen zu Paranoia. Behandlung und Behandler können von Betroffenen als direkte Bedrohung erlebt werden. In so einer psychischen Konstellation können auch Fanatismus und Querulantentum eher zutage treten (Kinzl 2017). Verhält sich eine solche Person aggressiv und beleidigend, deutet das auf eine emotionale Instabilität hin. Hier kann es notwendig werden, sich selbst und das Praxisteam zu schützen. Psychische Komorbiditäten sind bei Menschen mit Paranoia häufig, darunter auch das Borderlinesyndrom mit gestörter Affektkontrolle. Sprechen Sie mit Ihrem Team darüber, wann sie jemanden aus der Praxis verweisen. Jenseits von Notfällen können Beleidigungen und Bedrohungen eine Verweigerung der Behandlung rechtfertigen.

Im Idealfall gelingt es allerdings, einer Eskalation vorzubeugen. Wenn jemand bereits in der Vergangenheit als sehr misstrauisch aufgefallen ist, kann es sich lohnen, den Termin besonders gut vorzubereiten. Denn der Eindruck, der Arzt oder die Ärztin könne sich nicht mehr erinnern, würde das Misstrauen der Betroffenen weiter anheizen. Aufgestaute Gefühle der Entwertung könnten getriggert werden, die wiederum Aggressionen begünstigen. Allerdings gibt es auch unter den hochgradig Misstrauischen wichtige Unterschiede! So spielt es eine wesentliche Rolle ob sich eine Person in erster Linie selbst „schützen“ will, oder ob sie bereit ist, auf Angriff zu schalten.

Zwei offensiv misstrauische Typen:

1. Die Selbstschützenden

Diesen Menschen fällt es sehr schwer, die Patientenrolle und damit eine mögliche Schwäche zu akzeptieren. Geradezu zwanghaft suchen sie nach Gründen, die gegen medizinische Empfehlungen sprechen könnten. Dahinter stehen Ängste, beispielsweise die Angst, nicht mehr leistungsfähig zu sein und die eigenen Pflichten nicht mehr erfüllen zu können („Es hängt doch alles an mir“). Weil nach Aussagen gesucht wird, die die eigene Meinung untermauern (zu scheinen), können sich diese Personen leicht verstricken.

Gefahr: Intransparenz würde das Misstrauen verstärken.

Strategie: Bieten Sie Kontrollmöglichkeiten an, indem Sie etwa gemeinsam den Laborbericht anschauen. Vielleicht können Sie bestätigen, dass Vorsicht wichtig ist. Benennen Sie Optionen zum weiteren Vorgehen an und ordnen Sie diese jeweils ein.

2. Die Hasserfüllten

Der Kopf steckt hier voller Projektionen. Diese Menschen können sich im Kampf für eine vermeintlich gerechte Sache wähnen. Sie sehen sich selbst als Helden an, die dem Feind endlich die Stirn bieten. Andere Menschen einzuschüchtern, verleiht ihnen das Gefühl von Macht – das ihnen in anderen Situationen fehlt oder gefehlt hat.

Gefahr: Das Realitätskonstrukt und die Fantasien dieses Typus können ihn zu einer realen Gefahr werden lassen. Über Rudelbildung in Netzwerken begreift er sich womöglich als Teil einer „Guerilla“. Dadurch kann die Hemmschwelle zu Übergriffen sinken.

Strategie: Deeskalieren Sie nach dem CALM-Modell (Schweickhardt/Fritzsche 2007, siehe unten) und achten Sie auf die Körpersprache.

Das CALM-MODELL

Aggressionen sind von Nichtkooperation geprägt. Statt gemeinsamer Lösungen werden Reibungen gesucht. Der Schlüssel zur Deeskalation liegt nun darin, die Interaktion hin zum üblichen Kooperationsprinzip der Kommunikation zu führen. Zu diesem Zweck bietet das CALM-Modell vier Stufen: Contact (Kontakt aufnehmen), Appoint (Benennen), Look ahead (Vorausschauen), Make a decision (Entscheiden). Das kann wie folgt aussehen: Lassen Sie die Aggressionen möglichst auslaufen wie eine Welle. Gestehen Sie etwaige Fehler ein: „Es tut mir leid, dass ich mich missverständlich ausgedrückt habe. Wollen wir uns setzen?“ Ungünstig könnte hingegen der Versuch wirken, abzuwiegeln: „Das ist doch nicht so tragisch.“

Benennen Sie die gezeigten Emotionen: „Sie sind verärgert.“ Dieser Schritt kann einen weiteren Wutausbruch nach sich ziehen. Achten Sie dabei auf die Selbstoffenbarung und greifen Sie diese auf: „Sie machen sich Sorgen, was danach kommt …“ Verbale Entgleisungen müssen nicht geduldet werden. Sprechen Sie diese an und setzen Sie klare Grenzen. Klären Sie das mögliche weitere gemeinsame Vorgehen (Look ahead). Dabei benennen Sie Angebot und Spielregeln: „Ich biete Ihnen an, dass Sie einen Spaziergang machen und dann wiederkommen, wenn Sie das möchten.“ Führen Sie eine Entscheidung herbei, indem Sie einen „Vertrag“ anbieten: „Wenn Sie wiederkommen und eine Behandlung wünschen, mache ich das gerne und Sie halten die allgemeinen Höflichkeitsregeln ein.“

Calm Modell

Auch das CALM-Modell ist keine starre Schablone: Die Stufen werden nach Bedarf angewandt. Denn jede Situation ist komplex – und erfordert Flexibilität. Dennoch: Mit Gelassenheit gelingt Deeskalation meist am besten.

Hier ist keine Angriffsfläche: Verhalten in potenziell bedrohlichen Situationen
Es gibt viele Gründe für eine erhöhte Reizbarkeit. Bei plötzlich hochaggressiv auftretenden Menschen ist allerdings die Möglichkeit einer psychischen Störung nicht abwegig — bis hin zur antisozialen Persönlichkeitsstörung (ASP), die laut der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN, www.psychiater-im-netz.de) immerhin rund drei Prozent aller Männer und ein Prozent der Frauen betrifft. Leider geraten Menschen im Gesundheitswesen zunehmend ins Visier hochaggressiver Personen. Das ist nicht allein ein Phänomen der Corona-Pandemie. Bereits in den Jahren zuvor stieg die Zahl der Angriffe. So berichtete im Klinikbereich allein die Asklepios-Klinik Nord in Hamburg eine Verdreifachung gewalttätiger Vorfälle in den Jahren 2017 bis 2019. Sollte sich in Ihrer Arztpraxis eine mögliche gefährliche Situation abzeichnen, können folgende Strategien hilfreich sein:

  • Bieten Sie wenig Angriffsfläche. Zeigen Sie wenig Reaktion, lassen Sie sich nicht in Machtkämpfe verwickeln, umgehen Sie verbalen Schlagabtausch.
  • Bleiben Sie sachlich und konstruktiv. Sich für Anmerkungen zu bedanken, ist eine Art kommunikatives Teflon: Die Reibungsversuche Ihres Gegenübers perlen ab.
  • Verwirren und lenken Sie die Person hin zu mehr Großhirnrindenaktivität, etwa durch einen vermeintlich bedeutungsschwangeren Spruch wie: „Kaum haben wir die Antwort, ändert das Leben die Frage.“

Baut sich jemand trotz dieser Maßnahmen in Drohmanier in der Praxis auf, ist eine souveräne Körpersprache essenziell — gewissermaßen, um nicht den Jagdinstinkt dieser Person zu wecken. Das bedeutet: aufrecht stehen oder sitzen, Kopf gerade halten. Halten Sie Blickkontakt, auch wenn Ihr Gegenüber versucht, Sie „niederzustarren“ (Trick: auf die Nasenwurzel fokussieren). Allerdings kann überlanges Zurückstarren wiederum als Provokation empfunden werden, im richtigen Moment also lösen. Auch im nonverbalen Bereich gilt: Auf Dominanzgehabe nicht mit übermäßigen Dominanzgesten reagieren. Sollte es notwendig werden, ist es oft günstiger, diskret die Polizei rufen zu lassen.

A&W CME-Service – jetzt CME-Punkte sammeln

Die Fortbildung „Umgang mit unterschiedlichen Patiententypen“ ist mit zwei CME-Punkten zertifiziert. Um die CME-Punkte zu erhalten, müssen Sie noch den entsprechenden Wissenstest auf der Online-Fortbildungsplattform MedLearning absolvieren: https://cme.medlearning.de/aw/patiententypen/index.htm